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25.01.2023

Fließpfadkarten sollen Vorsorge erleichtern


Umweltministerin Priska Hinz (Grüne) überreicht Runkel als 100. Kommune die Karten

RUNKEL. Dass Starkregenereignisse durch den fortschreitenden Klimawandel künftig häufiger und heftiger werden, steht für die Wissenschaft außer Frage. Auch im Landkreis Limburg-Weilburg haben schon viele Gemeinden Erfahrungen mit plötzlichen und gewaltigen Regenmengen machen müssen wie zum Beispiel vor einigen Jahren in Arfurt. Damit aus dem Ärgernis keine Katastrophe wird, sollten sich Kommunen vor Augen halten, welche Wege das Wasser bei einem Starkregenereignis nehmen wird und welche Straßen, Plätze und Gebäude besonders gefährdet sind. Nützlich dafür sind die vom Land Hessen ausgearbeiteten Fließpfadkarten. Als 100. Kommune erhielt die Stadt Runkel jetzt Fließpfadkarten für alle Ortsteile. Auch die Gemeinde Brechen hatte dieses Vorsorgeinstrument beauftragt. So konnten der Runkeler Bürgermeister Michel Kremer wie auch sein Brechener Amtskollege Frank Groos (beide parteilos) kürzlich im Runkeler Rathaus ihre Fließpfadkarten aus den Händen der hessischen Umweltministerin Priska Hinz entgegennehmen.

 
Dr. Heike Hübener vom Fachzentrum Klimawandel und Anpassung des Hessischen Landesamts für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) war vorher auf die Stärken und Schwächen der Fließpfadkarten (FPK) in einem Vortrag eingegangen. „Es handelt sich um eine rein topografische Geländeanalyse, die eine Übersicht der örtlichen Fließpfade bei einem Starkregenereignis aufzeigt“, stellte sie fest. Grundlage seien digitale Geländemodelle sowie Gebäudegrundrisse und Pläne landwirtschaftlicher Nutzflächen aus amtlichen Informationssystemen.
 
So lassen die Karten gefährdete Orte in einer Kommune erkennen, auch wenn dort bislang noch kein solches Ereignis aufgetreten ist. Außerdem stellt die FPK-Außenbereiche der Ortschaften dar, aus denen potenziell Wasser und Schlamm abfließen könnten. „Jeder Millimeter zählt. Oft reichen kleine Maßnahmen für die erfolgreiche Schadensvorbeugung“, betonte die Expertin. Schließlich gehe es nur darum, den Abfluss so zu verzögern, dass Bordsteinkanten oder Hausschwellen einer Überschwemmung gerade noch genug entgegensetzen.
 
Für die Darstellung der FPK wird davon ausgegangen, dass Grünland weniger gefährdet ist als Ackerland, da Wasser und Sedimente von Weiden und Wiesen zurückgehalten werden. Gleiches gilt prinzipiell auch für Waldgebiete. „Leider sind aber inzwischen viele Wälder in einem schlimmen Zustand“, bedauerte Hübener. Sie riet den Bürgermeistern, die tatsächliche Situation
bei der Auswertung der Karten zu berücksichtigen. Auch gab sie zu bedenken, dass die Auflösung des digitalen Geländemodells kleine Mauern, Gräben oder Durchlässe nicht abbildet. So könnte
ein Fließpfad möglicherweise abgeleitet worden sein und die Darstellung nicht der Realität
entsprechen. Zu beachten sei zudem, dass neue Umgehungsstraßen oder Wohngebiete
nicht zwangsläufig enthalten sind. „Daher sollten Sie für alle gefährdeten Flächen und Gebäude prüfen, ob hier die Einschätzung aufgrund der topografischen Analyse zutrifft“, wandte sich Heike
Hübener an die Rathauschefs.
 
Dann erläuterte sie einige Details der FPK: So ist in Eschenau ein Fließweg abgeschnitten,
weil der Bachlauf unterirdisch verrohrt ist. Die Hofener Mühlgräben werden nicht als Fließpfade dargestellt, da sie höher liegen als der Kerkerbach. Weil Verkehrswege als Fließpfade gelten,
sind in Steeden und Runkel auch Bahngleise als solche gekennzeichnet. Hier bedeute dies, dass die Durchlässe zu prüfen sind.
 
Heike Hübener empfahl den Verantwortlichen, die in den Karten erkennbaren Hotspots
zu bewerten und problemlos umsetzbare Maßnahmen zügig anzugehen. Dabei dürfe
nicht vergessen werden, die Bürger und die Landwirte so früh wie möglich mit ins Boot
zu holen. Verstärkt durch die Ahrtalkatastrophe haben sich für das hessenweite Projekt „Fließpfadkarten“ inzwischen 280 Kommunen beworben. „Dass wir heute den hundertsten
Kartensatz überreichen, ist ein schöner Erfolg. Bis zum Jahresende sollen es zweihundert
werden“, stellte HLNUG-Präsident Professor Thomas Schmid fest. Wenn man schon nicht genau vorhersagen könne, wann und wo Starkregen auftritt, dann sei doch die Vorsorge
das Mittel.



Die hessische Umweltministerin Priska Hinz überreichte gemeinsam mit HLNUG-Präsident Professor Thomas Schmid (Zweiter von links) an Runkels Bürgermeister Michel Kremer (rechts) und Brechens Bürgermeister Frank Groos die Fließpfadkarten für die beiden Kommunen.


Freude kam auf, als Runkels Bürgermeister Michel Kremer (rechts) "Runkeler Schirme" überreichte (v. links): Brechens Bürgermeister Frank Groos, HLNUG-Präsident Professor Thomas Schmid, Hessens Umweltministerin Priska Hinz und Dr. Heike Hübener vom Fachzentrum Klimawandel und Anpassung des HLNUG.